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Sprossenwand - Magazin im DTB

Schwimmer/innen - Die Exoten des Turnfests?

08.06.2017 20:00

 

Sie sind fast so etwas wie Exoten beim Turnfest. Zu den Wettkämpfen der Schwimmerinnen und Schwimmer draußen im Olympiapark verirren sich auch nur Insider, die breite Öffentlichkeit findet den Weg zum Forumbad gar nicht. Dass Schwimmen überhaupt Teil des Programms ist, wissen viele gar nicht.

„Schwimmen? Das heißt doch Turnfest“, sagt eine Berlinerin. Aber schon Turnvater Friedrich Ludwig Jahn hatte das Schwimmen als Teil der körperlichen Ertüchtigung auserkoren. Auf seinen Spuren wandeln hier die Schwimm-Mehrkämpfer, viele Wahlwettkämpfer, die Jahn-Mehrkämpfer oder die Teilnehmer an den Turngruppenmeisterschaften.

Einer von ihnen ist Christian Magin vom Bodensee. Der 49-Jährige nimmt seit nahezu 20 Jahren an allen Turnfesten teil – im Schwimm-Fünfkampf, bestehend aus drei verschiedenen Lagen, Tauchen und einem Sprung vom Ein-Meter-Brett. „Bisher lief es ganz gut – dafür, dass wir kaum trainiert haben“, bilanziert er nach den ersten vier Disziplinen. „Aber es zieht wie Hechtsuppe“, verweist sein Kumpel Uwe Dittes (50) aus Ketsch bei Mannheim auf die Bedingungen im Freibadbereich. „Und die 50-Meter-Bahn ist ganz schön lang, bei 25 Meter kann man sich wenigstens bei der Wende etwas schonen“, lacht er.

Dass sie in der Klasse 30+ starten müssen, also gegen fast 20 Jahre jüngere Konkurrenten, stört die beiden Sportler nicht. „Es ist halt so, Dabeisein ist einfach alles für uns.“ Ursprünglich kamen Magin und Dittes aus dem Turnen, hatten in der Vergangenheit auch schon bei Deutschen Turnfesten an Turnwettkämpfen teilgenommen. Irgendwann entdeckten sie durch Zufall den Schwimm-Mehrkampf, und da beide auch in der DLRG-Ortsgruppe aktiv waren, verknüpften sie turnerischen und schwimmerischen Hintergrund. Die Kniffe beim Springen schauten sie sich quasi aus Büchern ab, später gab ihnen noch ein Kollege Tipps.

Mittlerweile gehören die beiden schon zum Inventar bei den Schwimm-Mehrkämpfern, die eine überschaubare Gruppe sind. "Wir sind immer dabei", erzählt Christian Magin, der eigentlich schon seit Jahren am Bodensee in Radolfzell lebt, aber bei Wettkämpfen immer noch gemeinsam mit Dittes für seinen Heimatverein startet. Etliche gute Platzierungen sind schon herausgesprungen, aber in Berlin zählte für Dittes und Magin einfach nur der olympische Gedanke. "Denn wir sind eigentlich die einzigen, die vom Turnen gekommen sind, alle anderen sind Schwimmer", weiß Uwe Dittes um die Stärke der Konkurrenz. Allein schon die Tatsache, dass sie sich für Berlin qualifiziert hatten, ist für sie ein Erfolg.

Eine Bank weiter sitzt Pia Kehder, die ihre Turnfest-Premiere feiert – als Teammitglied der TSG Dossenheim im Turngruppen-Wettkampf (TGW), bestehend aus Medizinball-Weitwurf, Schwimmen und Turnen. Von Haus aus ist die 16-Jährige Schwimmerin, die für den SV Hellas Brühl auch schon einige Erfolge errungen hat. „Eine Freundin hat mich gefragt, ob ich mitmachen will“, erzählt sie, wie sie zum TGW kam. Auch eine Lehrerin im Gymnasium hatte sie ermuntert. „Turnen kann ich zwar nicht so gut“, gibt sie zu, aber dafür hat sie es im Schwimmen rausgerissen. Am Ende stand im TGW-Wettkampf der Jugend ein beachtlicher 15. Platz unter über 90 Mannschaften zu Buche. Gewonnen hat hier der ETSV Fortuna Glückstadt. Bei den Erwachsenen-Teams siegte der VfL 1885 Geesthacht. In den TGM-Wettkämpfen hatten der TSC Neuendettelsau (Erwachsene), der TV Augsburg 1847 (Jugend) und der TuS Rüppurr aus Karlsruhe die Nase vorn.

Und zusätzlich ist Pia Kehder als Volunteerin im Einsatz – als Zeitnehmerin bei den Schwimmwettkämpfen. Und kurzfristig bekam auch Uwe Dittes noch eine Aufgabe: Als geprüfter Kampfrichter springt er kurzfristig ein und wertet beim Sprung. „Ich hab‘ zwar nur eine Lizenz vom Landesverband, aber das ist nicht schlimm.“ Bei den Schwimmern innerhalb des Turnfestes geht es nicht so streng zu. Sie sind eben so etwas wie die Exoten.