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Sprossenwand - Magazin im DTB

Trampolin: Cheftrainer Kuhn über WM

06.11.2013 10:03

Auch im Trampolinturnen sind die Weltmeisterschaften (07. bis 10. November) im Jahr nach den Olympischen Spielen besondere Wettkämpfe. Cheftrainer Michael Kuhn spricht im Interview über die Chancen der DTB-Riege in Sofia.

Die Titelkämpfe in Bulgarien dienen dem deutschen Team dazu, eine neue Generation von Turnern an das internationale Maß heranzuführen und eine erste „Feuertaufe“ zu bestehen. Für DTB-Cheftrainer Michael Kuhn war der Bad Kreuznacher Kyrylo Sonn der Hoffnungsträger in der DTB-Riege. Doch nach einem im Trainingslager erlittenen Bruch des rechten Mittelfußknochens stellt sich eine völlig neue Situation dar.

Frage: Michael Kuhn, auf Kyrylo Sonn, dem aktuell stärksten deutschen Athleten, lag ein Großteil der Hoffnungen für das WM-Abschneiden. Wie groß ist der Frust nach der plötzlichen Verletzung?
Michael Kuhn: Der Frust ist natürlich sehr groß, Kyrylo hatte zuletzt fantastisch trainiert und sich vor allem in der Sprunghöhe an die Weltbesten ganz nah herangearbeitet. Er wäre jemand gewesen, der bei einem optimalen Wettkampf an die Top Ten hätte heranturnen können. Aber daran ist jetzt nicht mehr zu denken, wir müssen für die WM nach vorne blicken und unsere Chancen suchen. Allerdings müssen wir nun auch die Ziele neu definieren.

Frage: Die WM im nacholympischen Jahr, was heißt das im Trampolinturnen?
In erster Linie bedeutet es, dass wir einen Umbruch im Team haben. Wir haben viele junge Leute dabei, die noch gar keine WM-Erfahrung haben und dadurch dass Jessica Simon und Martin Gromowski nicht antreten können, haben wir ein komplett neues Team. Das Andere ist, dass wir die Priorität darauf legen, unsere Programme stabil abrufen zu können. Wir werden im Schwierigkeitsgrad nicht allzu hohes Risiko fahren und wollen stattdessen schauen, wo wir uns mit einem stabilen Wettkampf wiederfinden.

Es gibt im Einzel erstmals ein Halbfinale, was bedeutet dies für die Wettkampftaktik?
Wir wollen möglichst viele Athleten in die Nähe oder sogar in das Halbfinale hineinbekommen, keine Frage. Da wir die obere Maßgabe auf Stabilität setzen, werden wir jedoch von der Grundtaktik vorgehen wie bisher. Wir werden versuchen mit einer sehr, sehr guten Pflichtübung und mit einer stabilen Kürübung möglichst weit zu kommen. Sollte jemand im Halbfinale sein, werden wir trotzdem nichts an der Schwierigkeit ändern, sondern wieder versuchen, möglichst schön und sauber durchzukommen, um vernünftige Platzierungen einzufahren.

Und im Finale?
Es ist eigentlich so, dass es nur Kyrylo Sonn hätte schaffen können. Nun müssen wir schauen ob, wir an irgendeiner Stelle überraschen können.

Gab es im neuen Olympiazyklus Veränderungen im Trampolinturnen in irgendeiner Art?
Es ist so, dass sich die Geräte noch mal weiterentwickelt haben. Eurotramp hat einen komplett neuen Rahmen entwickelt. Sprich es wird noch mal höher geturnt. Wir haben uns mittlerweile ganz gut dran gewöhnt und unsere Athleten sind auch höher geworden. Aber wir hatten ein ganz schwaches erstes Halbjahr mit vielen Patzern.

Der DTB tritt, wie gesagt, mit einem jungen Team in Sofia an. Routiniers wieMartin Gromowski und Jessica Simon sind gesundheitsbedingt nicht dabei. Wird es eine WM zum Erfahrung sammeln?
Absolut, wir haben ja nur zweimal die Chance Erfahrungen bei einer WM zu sammeln, bevor es dann wieder um eine Olympia-Quali geht. Das war auch der Grund weswegen wir versucht haben, die Leute zu nominieren, auch wenn es bei dem ein oder anderen mit der WM-Quali noch knapp war. Wir wollten sie jetzt zur WM bringen, um zu sehen wie sie sich präsentieren und wie sie sich in so einem riesen Feld schlagen.

Daniel Schmidt hatte im vergangenen Jahr mit einer Verletzung pausiert, wo steht er aktuell?
Er ist im Moment in einer Topverfassung, die Fußverletzung ist kein Thema mehr. Wir bleiben aber auch hier dabei, den Schwierigkeitswert nicht anzuheben und somit bei dem Programm, dass er in der zweiten Jahreshälfte in Wettkämpfen geturnt hat. Dieses Programm kann er jedoch von der Qualität und Höhe super rüberbringen.

Christopher Schüpferling hat inhaltlich stets ein starkes Programm zu bieten, hatte aber häufig Stabilitätsprobleme. Was macht zuversichtlich, dass er seine erste WM erfolgreich absolviert?
Zuversichtlich macht mich die UWV Teil 1 in Ruit, in der wir sechs Tage super trainiert haben und wir ihn von der Schwierigkeit her etwas heruntergebracht haben. Er musste sich natürlich erst einmal darauf einlassen, hat dann aber gemerkt, es funktioniert. Er wird technisch stärker, kann besser platzieren und kann seine Höhe bis zum Schluss beibehalten. Im Endeffekt wird ihm das mehr Punkte bringen. Körperlich ist es sowieso in einer bärenstarken Verfassung. Es macht mich zuversichtlich, dass er sich tierisch auf die WM freut und auch von innen heraus mit diesem Programm antreten will.

Was kann man zu Oliver Amann sagen?
Bei Olli hatten wir zuletzt ein kleines Problem mit einer Knieverletzung vor vier Wochen. Er musste etwas pausieren, trainiert aber mittlerweile wieder sehr gut. Wir hatten Rick Nadler als Ersatzturner für das Einzel vorgesehen. Er wird nun durch den Ausfall von Kyrylo Sonn zum Einsatz kommen.

Welche Ziele steckt man sich für die Teamwertung der Männer?
Es sind 17 Männerteams am Start. Im Optimalfall und mit Kyrylo wäre der Sprung unter die besten fünf und damit das Finale möglich gewesen. Es wäre ohnehin saumäßig schwer gewesen, nun wird es noch schwerer.

Bei den Frauen werden mit Sarah Eckes und Leonie Adam nur zwei Einzelstarterinnen antreten und somit kein Team. Warum?
Jessica Simon kann gesundheitsbedingt nicht starten, drei weitere Athletinnen haben den Sprung von der Entwicklung her nicht geschafft. Entsprechend sind eben nur die beiden übrig, die eine Konkurrenzfähigkeit aufweisen können. Unsere Personaldecke war bei den Frauen schon immer dünn, das ist aber durch eine Anna Dogonadze oder auch durch Jessica kaschiert worden.
 
Was kann man von den beiden Frauen erwarten?
Leonie hat sicherlich durch ihre Sprunghöhe und ihre Eleganz die Möglichkeit ins Halbfinale zu turnen, das wäre natürlich sensationell gut. Sie muss aber auch selbst dran glauben. Das ist einfach eine Frage des Selbstbewusstseins. Aber auch Sarah hat in den letzten Wochen eine tolle Steigerung im Training gezeigt und turnt jetzt einen Dreifachsalto vorneweg. Das ist auch ein Grund, warum ich sie mit in das Team hineinnehme. Die beiden ergänzen sich sehr gut und sollen sich auch im Training weiter ergänzen.

Was muss geschehen, damit du am 10. November mit einem zufriedenen Gefühl die Heimreise aus Bulgarien antrittst?
Wenn die meisten ihr Programm stabil und gut durchbekommen, bin ich glücklich damit. Ich wäre sehr zufrieden, wenn wir einen Mann und eine Frau in das Halbfinale bekommen und wenn wir mit der Mannschaft zumindest in Sichtweite des Teamfinals turnen.

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