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Sprossenwand - Magazin im DTB

Lammert spricht beim Turntag

05.02.2011 21:44

Beim Deutschen Turntag am 5. Februar 2011 in Frankfurt am Main bestätigte das höchste Entscheidungsgremium des Deutschen Turner-Bundes die geänderte Satzung und wählte ein neues Mitglied in das DTB-Präsidium.

Der Deutsche Turntag findet gewöhnlich alle zwei Jahre im November statt. Dann treffen sich rund 400 Führungskräfte des Deutschen Turner-Bundes aus Bund und Land, um über Richtlinien der Verbandsarbeit zu diskutieren und zu entscheiden. Ein Turntag ist immer auch eine festliche Angelegenheit mit feierlicher Eröffnung und geselligem Beisammensein.

Beim Deutschen Turntag, der am 5. Februar 2011 in Frankfurt am Main tagte, war alles anders. Der letzte Turntag in Koblenz 2009 hatte einen „Arbeitsturntag“ eingefordert, um kurzfristig eine grundlegende Überarbeitung der Satzung sowie der Beitragsfinanzierung im DTB zu beschließen. Somit wurde der Turntag 2011 als eintägige Veranstaltung in die schlichte Sporthalle des Landessportbundes Hessen in unmittelbarer Nähe der DTB-Geschäftsstelle einberufen.

Und dennoch: Die Gastredner zum Auftakt des Jubiläumsjahres „200 Jahre Turnbewegung“ sowie die Vorstellung der kommenden Veranstaltungs-Höhepunkte Turn-EM 2011 in Berlin und Turnfest 2013 in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg vermittelten dem trockenen „Arbeitsturntag“ Glanz und Vorfreude.
Gleich zu Beginn sorgte Dr. Rolf Müller mit einem launigen Grußwort als Hausherr für beste Unterhaltung, indem er sich als Präsident des Landessportbundes Hessen besonders erfreute „einem der großen Spitzenverbände im DOSB Asyl gewähren zu können“. Die Grüße des Bundesinnenministers Thomas de Maiziere überbrachte die Staatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe, die insbesondere die jüngsten Erfolge des Turn-Team Deutschland bei den Europa- und Weltmeisterschaften 2010 im Gerätturnen hervorhob. Mit der Würdigung des großen gesellschaftlichen Engagements der Turnbewegung seit nunmehr 200 Jahren sicherte sie zu, dass sich die Bundesregierung auch in Zukunft als verlässlicher Partner des Sports und des Deutschen Turner-Bundes sehe. Für die Hessische Landesregierung stellte Boris Rhein, Staatsminister des Innern und für Sport, die besondere Verbundenheit der  Turnbewegung zu Frankfurt am Main und dem Land Hessen heraus. Er hob dabei den Neubau des DTB in der Otto-Fleck-Schneise in seiner Bedeutung für den langfristigen Standort der Sportverbände in Frankfurt hervor. Mit Begeisterung berichtete der Minister über seine nachhaltigen Eindrücke beim Internationalen Deutschen Turnfest 2009 in Frankfurt. Dr. Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes und Vizepräsident des IOC, hob in seinem Grußwort seine Wertschätzung für das Engagement des Turner-Bundes in der Sportbewegung insgesamt besonders hervor. Nicht zuletzt verwies er dabei auf die Wahl von DTB-Präsident Rainer Brechtken zum Vorsitzenden der Konferenz der Spitzenverbände im Dezember 2010. Weiterhin ermutigte er die Führungskräfte der Turnbewegung, ihren Weg zur gleichberechtigten Beteiligung von Frauen in Führungsfunktionen weiter zu gehen, wie dies im DTB-Präsidium bereits vorbildlich praktiziert werde.

Im Mittelpunkt der parlamentarischen Beratung stand die Beschlussfassung über eine grundlegende Überarbeitung der DTB-Satzung, bei der die Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern, Definition von Mitgliedschaften sowie die demokratische Legitimation innerhalb der DTB-Organe im Mittelpunkt stand. Die gründlich vorbereitete Beschlussvorlage des Hauptausschusses vom November 2010 erfuhr beim Turntag noch kleine Änderungen, doch dank der umsichtigen Diskussionsleitung von DTB-Ehrenmitglied Hans-Jürgen Zacharias konnte das umfassende Satzungswerk innerhalb von zwei Stunden mit einem einstimmigen Beschluss verabschiedet werden. Die wesentlichen Modifizierungen der Satzung bestehen darin, dass den Landesturnverbänden in einigen Bereichen künftig eine größere Verantwortung auf Bundesebene übertragen wird. Zum Beispiel werden künftig die Mitglieder der Technischen Komitees als fachliche Experten für die bundesweite Entwicklung der Sportarten im DTB von den Landesturnverbänden gewählt. Zudem nimmt ein gewählter Sprecher der Landesturnverbände einen Platz im DTB-Präsidium ein.

Eine Stärkung der Landesturnverbände in ihrer Funktion als Dienstleister für die Vereinsentwicklung ist der Hintergrund für die mit großer Mehrheit erfolgte Neu-Festlegung ihrer Mitgliedsbeiträge an den DTB. Durch die Abkehr von einer pro-Kopf-Berechnung zu Gunsten von Pauschalbeiträgen, die für vier Jahre festgelegt wurden, erfahren die Landesturnverbände eine finanzielle Entlastung in Höhe von insgesamt 300.000,- EUR. „Die Neu-Regelung der Mitgliedsbeiträge ist auch Ergebnis einer umfangreichen Diskussion zur Aufgabenteilung von Bund und Ländern“, erläutert DTB-Generalsekretär Hans-Peter Wullenweber den Beschluss des Turntages. „Die Landesturnverbände gewinnen hiermit finanzielle Spielräume, ihre Dienstleistungen für die Mitgliedsvereine und damit deren Bindung an die Turnbewegung zu intensivieren.“

Auf der Tagesordnung des Turn-Parlaments stand auch die Ergänzungswahl des Präsidiumsmitgliedes für Verbandsentwicklung und Bildung, die nach dem Rücktritt von Prof. Dr. Hans-Jürgen Schulke Anfang 2010 erforderlich wurde. Gewählt wurde auf Vorschlag des Hessischen Turnverbandes Dr. Michael Weiß mit 218 von insgesamt 345 abgegebenen Stimmen. Auf Lutz Alefsen, Kandidatenvorschlag des Niedersächsischen Turner-Bundes, entfielen 125 Stimmen des Turntages. Amtsvorgänger H.-J. Schulke wurde durch DTB-Präsident Rainer Brechtken mit der Walter-Kolb-Plakette des DTB ausgezeichnet und vom Deutschen Turntag mit gebührendem Beifall verabschiedet.

Sportpolitischer Höhepunkt des Deutschen Turntages 2011 war zweifelsohne die Festrede von Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert zum Jubiläumsjahr „200 Jahre Turnbewegung – 200 Jahre soziale Verantwortung“. In seiner ausführlichen Betrachtung der Turngeschichte stellte er das bürgerschaftliche Engagement, den Einsatz für die Gemeinschaft, als zentrales und durchgängiges Element heraus. Er wies darauf hin, dass der Sport in Deutschland als bürgerschaftliche Initiative heute vier- bis fünf Mal so viele Menschen bewegt wie alle politischen Parteien zusammen. In seinem Vortrag setzte er sich auch kritisch mit aktuellen Entwicklungen des Sports wie der zunehmenden Kommerzialisierung in Verbindung mit der Reduzierung von Sport als ein reines Medienereignis auseinander. Er plädierte dafür, die größte Errungenschaft der Turn- und Sportbewegung mehr in den Fokus der Betrachtung zu rücken, die einmalige und herausragende Funktion der sozialen Integration. So formulierte er seinen Wunsch an die Turnbewegung mit ihrer 200jährigen Geschichte, sich auch weiterhin für die körperliche und geistige Ertüchtigung der Menschen einzusetzen und dabei den Schwerpunkt auf das Gemeinschaftserlebnis, auf die Verantwortung für das Ganze, für die soziale Gemeinschaft zu setzen. Für die Veranstaltungen des DTB im Jubiläumsjahr 2011, die DTB-Vizepräsidenten Prof. Dr. Annette Hofmann im Anschluss vorstellte, wünschte er der Turnbewegung viel Erfolg.

Abgerundet wurde die Tagesordnung des Turntages mit informativen Vorträgen zum Neubauprojekt des DTB durch Carolina Cordes, Direktorin des Hotels in der GYMAKADEMIE, zur bevorstehenden Turn-EM 2011 in Berlin durch OK-Geschäftsführer Frank Ebel sowie zur Vorbereitung des Internationalen Deutschen Turnfestes 2013 durch die Präsidenten Walter Benz (Pfalz) und Gerhard Mengesdorf (Baden) inklusive der Vorstellung des neuen OK-Geschäftsführers Heinrich Clausen.

DTB-Präsident Rainer Brechtken beendete den Deutschen Turntag 2011 mit einem Dank und Appell an die Delegierten des Turntages. Er bedankte sich für konstruktive Beteiligung an den verbandsinternen Diskussionen, die mit den Beschlüssen des Turntages 2011 ihren Abschluss gefunden haben. Gleichzeitig rief er dazu auf, sich jetzt auf die Sacharbeit zu konzentrieren und mit Engagement an die bundesweite Umsetzung gemeinsamer Verabredungen zu gehen: die Dienstleister-Konzepte Kinderturnen und GYMWELT, das Markenkonzept im Turner-Bund, die Personalentwicklung sowie das Qualitätsmanagement in Aus- und Weiterbildung.

Der nächste Deutsche Turntag findet turnusgemäß im November 2013 statt. Dann wieder als Festveranstaltung der Turnbewegung mit Eröffnungsfeier, parlamentarischem Teil mit Wahlen sowie geselligem Abschlussabend. Ort und Ausrichter des Turntages 2013 sind noch offen.