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Sprossenwand - Magazin im DTB

Fünf Freunde bei den DSM

07.06.2017 09:52

Nicht nur für die jungen Turnerinnen und Turner bietet das Turnfest zahlreiche Wettkämpfe, auch die ältere Generation hat hier die Möglichkeit Wahlwettkämpfe zu besuchen oder sogar bei den Deutschen Seniorenmeisterschaften um Titel zu kämpfen.

Wer feiert beim Turnfest schon sein 400. Jubiläum?
"Die werten ja wie die Weltmeister". Horst Fritz flucht, als er gerade die Punkte für seine Reckübung bekommen hat. Eigentlich hätte er seiner Meinung nach mehr verdient gehabt als diese 12,0 Punkte. Der Seniorenturner aus dem nordbadischen Oftersheim ist auch mit 83 Jahren noch genauso ehrgeizig wie damals 1953, als er in Hamburg erstmals an einem Deutschen Turnfest teilgenommen hat. Seitdem hat er nur eines (1978 in Hannover) verpasst.
Und wie seit Jahrzehnten ist Fritz, der immer noch für seinen Heimatverein TSG Eintracht Plankstadt startet, in Berlin nicht alleine: Seine Trainingspartner Manfred Zahn (TV Altlußheim) und Erich Schuh (TV Schwetzingen 1864) sind mit von der Partie. "Das sind immer Highlights", betont Erich Schuh. Seit den fünfziger Jahren sind die drei dabei, sowohl bei Deutschen Turnfesten wie bei Landesturnfesten. Eigentlich waren sie lange Zeit immer zu fünft. Doch Fritz Hirsch kann aus gesundheitlichen Gründen gar nicht mehr turnen, Herbert Göhrig hat auf Berlin diesmal aus Verletzungsgründen verzichtet. „Aber ins Training kommt er noch regelmäßig“, lobt sein Mitstreiter Erich Schuh.

2007 hatte das Quintett ein kurioses Jubiläum gefeiert: Zusammen waren sie exakt 350 Jahre alt. "Wir machen weiter, bis wir zusammen 400 sind", versprach Horst Fritz damals. Und dieser Tag war genau am Turnfest-Dienstag. „Heute sind wir 400“, strahlte Schuh (78). Auch wenn die Kameraden Göhrig (83) und Hirsch (78) nicht dabei sein können. Und Erich Schuh beschränkt sich diesmal aufs Coachen, weil er sich um seine pflegebedürftige Ehefrau Heide kümmern muss, die er aber mit nach Berlin und sogar in die Turnhalle gebracht hat. „Ich bin froh, dass ich da bin. Ich genieße einfach diese Atmosphäre“, erklärt der 78-Jährige den Turnfest-Virus, den ihn zum ersten Mal 1958 in München befallen hat.

Dass das 400. Jubiläum der kurpfälzischen Truppe exakt auf diesen 6. Juni fiel, hatte einen erfreulichen Grund: Denn Manfred Zahn feierte in Berlin seinen 78. Geburtstag. „Wir haben ihm schon heute Morgen ein Ständchen gesungen,“ erzählt Jürgen Kugler vom Nachbarverein TSG Ketsch. Zahn wohnt wie immer im Gemeinschaftsquartier. „Das gehört einfach dazu“, lacht er. Einen inoffiziellen Turnfest-Titel hat er schon gewonnen: Er ist immer der Erste beim Frühstück in der Hemingway-Oberschule.

Mit seinem Wettkampf später in der Messehalle 25 war das Geburtstagskind ganz zufrieden. Barren war okay, am Reck fluchte er leise: „Diese Sch…-Matten. Ich bin direkt auf der Kante gelandet und umgefallen.“ Aber der Sprung („Eigentlich meine Schwachstelle“) funktionierte gut.

Zweimal in der Woche trifft er sich mit seinen "Oldies" in der Turnhalle Kolpingstraße in Schwetzingen zum gemeinsamen Training. "In unserem Alter findet man nicht so viele Vereine, die diese Möglichkeit bieten", ist Zahn froh. Und wichtig ist auch die Gemeinschaft. Nach dem Duschen geht es immer noch auf ein Bierchen in die Kneipe. Denn die Geselligkeit gehört bei den Turnern auch zum festen Trainingsprogramm.

Dabei kommen immer wieder alte Geschichten hoch, gerade wenn ein Turnfest bevorsteht. Welches war denn das Schönste? "In Hamburg der Badische Abend, der war klasse", erinnert sich der daheimgebliebene Herbert Göhrig. "Und München war schön", ergänzt Horst Fritz. "In Ulm hab' ich den ganzen Wald abgesägt", erinnert sich Manfred Zahn an die nächtlichen Leiden seiner Zimmergenossen. Erich Schuh ist besonders das "Wiedervereinigungs-Turnfest" 1990 in Dortmund und Bochum im Gedächtnis haften geblieben. Und natürlich der Badische Abend 2005 in Berlin: „Das ist legendär.“

Deshalb gehört der Länderabend am Mittwoch zum Pflichtprogramm für das Trio. Darauf freut sich auch Horst Fritz, dessen kurzfristiger Ärger über die Reckwertung schnell verfolgen war. „Der Sprung war super“, freute er sich über die 12,6 Punkte. Ihren entscheidenden Anteil daran hatte auch Ehefrau Hilde. „Ich hab‘ ihn heute Nacht noch mit Franzbranntwein eingerieben, weil ihm die Schulter so wehgetan hat.“ Das diese spezielle Betreuung funktioniert schon seit 58 Jahren: „Ich trainiere ihn jeden Tag und er wird regelmäßig von mir eingesalbt.“ Dieses Erfolgsrezept wird bestimmt auch bis zum nächsten Turnfest funktionieren.