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Verletzungspause für Studium genutzt

10.05.2012 09:43

Kim Bui hat einige Rückschläge in ihrer Karriere überwinden müssen und ist doch immer gestärkt aus Krisen hervorgegangen. Bei der Europameisterschaft der Frauen im Kunstturnen (10.-13. Mai) in Brüssel gehört sie zu den Leistungsträgerinnen der deutschen Mannschaft. Auch wenn das deutsche Team Medaillenchancen hat, ist die EM „nur“ ein Meilenstein auf dem Weg nach London: „Unser Ziel ist Olympia!“

Niederlagen in Siege umkehren: Kim Bui, die 23-jährige Kunstturnerin aus Baden-Württemberg verfügt über diese Fähigkeit, in einer Krise immer auch Chancen zu sehen. So geschehen 2008, wo die Nichtberücksichtigung für die Olympischen Spiele in Peking durch die Bundestrainerin eine herbe Enttäuschung für sie darstellte. Aber: „Das habe ich damals bei Seite geschoben. Mit Blick auf London 2012 habe ich mir gesagt: Ich gehe meinen Weg!“

Oder auch 2010: Ein Kreuzbandriss bremste ihren Aufstieg gerade zu jenem Zeitpunkt, als sie sich zwischenzeitlich zu einer Leistungsträgerin der deutschen Turnerinnen gemausert hatte. Sie hielt sich nicht mit Jammern auf, akzeptierte die Situation und ging ihren Weg. „Irgendwie musste es vielleicht sogar so sein. Im Studium stand viel an. Das 2. Semester war sehr umfangreich und zeitintensiv. Und so hatte ich die Zeit, viel im Labor zu arbeiten, viele Praktika zu absolvieren und Klausuren zu schreiben, weshalb ich später dann wieder mehr Zeit für das Training hatte“, erzählt Kim, die an der Uni Stuttgart Technische Biologie studiert.

Nach dem Kreuzbandriss bestanden die folgenden Monate aus Rehabilitation und Studium. „Mir war klar: Ich gehe Schritt für Schritt voran. Ich habe nie gedacht, dass Schluss sein könnte.“ Rückblickend sagt sie, dass sie aus jeder schweren Situation gestärkt hervorgekommen ist. Das gilt sowohl psychisch wie sportlich. „Ich habe gelernt, mit Schmerzen umzugehen. Ich gehe heute alles bewusster an und höre in meinen Körper rein. Wenn ich turne, habe ich alles unter Kontrolle.“ Angstgefühle kennt sie nicht. Die Erinnerung an den Übungsteil, bei dem sie 2010 verunfallte - „Überschlag gestreckt mit doppelter Schraube“ - hat sie aus ihrem Bewusstsein gelöscht und in ihrem Programm durch eine gleichwertige andere Übung ersetzt. „Damit umgehe ich die Konfrontation.“

So gut wie nie zuvor präsentierte sie sich nach ihrer Verletzungspause bei den Europameisterschaften 2011 in Berlin. Mit Bronze am Stufenbarren gewann sie ihre erste internationale Medaille. „Das war ein unheimlich tolles Gefühl, was mich noch heute motiviert. Und es hat gezeigt, dass die Reha und das harte Training sich gelohnt haben“, resümiert Kim Bui.

Nach fünf Semestern mit Studium und Spitzensport gleichermaßen auf hohem Level hat bis London nun der Sport absolute Priorität. Sie hat ein Urlaubssemester eingelegt. „Unheimlich hilfreich ist das Stipendium für Studenten. Ich bin froh, dass die Deutsche Bank der Sporthilfe die Möglichkeit gegeben hat, das Stipendium auf 300 € monatlich zu verdoppeln und dass es auch im Urlaubssemester gezahlt wird. Jetzt kann ich mich wirklich voll auf die Olympia-Vorbereitung konzentrieren.“

Mit der Europameisterschaft vom 8. bis 13. Mai steht eine Standortbestimmung an. Bei der WM 2011 wurden die deutschen Turnerinnen mit der Mannschaft Sechster. „Klar, dass jeder rumrechnet, dass wir eine EM-Medaille holen können. Natürlich versuchen wir alles, das zu erreichen“, sagt Kim, „ doch unser Ziel ist Olympia!“ Die EM ist nur ein Meilenstein auf dem Weg dorthin. „Für uns ist es ein guter Ansporn, wie bei der WM auf Platz sechs zu kommen. Doch erst einmal wollen wir das Teamfinale erreichen.“

Frank/Deutsche Sporthilfe