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Sprossenwand - Magazin im DTB

Turner schaffen Finaleinzug

06.08.2016 23:07

Die deutschen Turner haben sich bei den Olympischen Spielen in einem dramatischen Qualifikationswettkampf am Samstag (06.08.16) mit 261,518 Punkten den Einzug in das Teamfinale auf Rang 8 erkämpft. Überschattet wurde der Auftritt der Deutschen von einer schweren Knieverletzung Andreas Tobas, die er sich am Boden zuzog.

Trotz eines erlittenen Kreuzbandrisses kehrte der Niedersachse in die Halle zurück und turnte für das Team deutschen Bestwert am Pauschenpferd und sorgte somit für die entscheidenden Punkte für das Teamfinale. Fabian Hambüchen konnte sich unterdessen mit einer Glanzleistung am Reck die Führung der Qualifikation erturnen, Teamkollege Marcel Nguyen schaffte den Einzug in das Barrenfinale nicht. So auch Andreas Bretschneider, der am Reck bei seinem Flugelement „Bretschneider“ abstieg sowie Lukas Dauser, der keine optimale Übung am Barren erwischte. Für Nguyen und Bretschneider reichte es hingegen für den Einzug in das Mehrkampffinale. Auf den bereinigten Plätzen 20 und 22 zogen sie in das 24er Finale ein.

Nach der am späten Samstagabend durchgeführten MRT-Untersuchung stellte sich heraus, dass Andreas Toba sich eine komplexe Knieverletzung mit unter anderem einem Riss des vorderen Kreuzbandes und einer Verletzung des Innenmeniskus zugezogen hat.

Stimmen zum Wettkampf 
Fabian Hambüchen: "Das wichtigste war die Mannschaft, dass wir alle das noch einmal zusammen erleben dürfen und im Finale antreten. Es ist schade mit Andreas Toba und seiner Verletzung, aber es war toll wie er am Pferd auf die Zähne gebissen hat für das Team.

Die Situation mit dem ersten Quali-Platz am Reck ist schön und gut, aber es geht dort bei null wieder los und ich muss als erster dort starten. Das ist keine optimale Ausgangslage. Aber es sind meine vierten Olympischen Spiele und mein viertes Reckfinale – ich werde es schon meistern. Es ist mein 100. Einsatz für den DTB bei internationalen Wettkämpfen und ich bin total glücklich über jedes weiteres Finale."

Andreas Bretschneider: "Das Mehrkampffinale ist nicht das, was ich wollte und was ich mir gewünscht habe – zumal es eigentlich der Platz von Andi war. Bezüglich des Teamfinales sind wir total froh, dass wir drin sind. Da gehören wir auch hin. Aber es war ein schwerer Wettkampf und so fühlt sich der Körper nun auch an. Wir werden nun schauen, dass wir uns morgen wieder fit kriegen und wollen dann am Montag wieder angreifen.
Es ist klar, was das Mehrkampffinale für mich bedeutet. Dort will noch mal Vollgas geben und auch mein I-Teil präsentieren". (Anm. Die bezieht sich auf den neuen Bretschneider II, der ein I-Element in der Wertigkeit darstellt).

Andreas Hirsch: "Wir haben alle fünf Athleten unter den ersten Acht, das ist wichtig sowohl für die Förderung als auch für die Jungs. Alle haben somit noch einmal ein Finale hier bei den Spielen. Jetzt haben wir neue Ziele.
Im Vergleich mit der Schweiz, die eigentlich etwas besser ist als wir, waren wir heute die erfolgreicher agierende Mannschaft.
Für das Finale würde ich gerne noch mal über einen Einsatz von Andreas Toba nachdenken am Pauschenpferd. Bei mehr würde ich wohl die rote Karte vom Teamarzt gezeigt bekommen.
Die Leistung von Andreas hat uns ungefähr acht Zehntel für die Mannschaft eingebracht, das ist ungefähr der Abstand zur Schweiz. Insofern kann man sagen, dass sein Einsatz im dem Moment den Ausschlag gegeben hat."

Der Wettkampfverlauf - Schreckmoment mit Toba
Andreas Toba machte den Auftakt am Reck für Deutschland bei diesen Spielen. Der Niedersachse zeigte eine gute, solide Übung, hatte kaum Probleme und kam auf 14,633 Punkte. Teamkollege Marcel Nguyen folgte, hing auch alle Flugelemente, verlor aber bei einem Griffwechsel mit der rechten Hand die Stange. Mit viel Geschick rettete er sich vor einem Absteiger. 13,366 Punkte für den Münchner. Dann kam der mit Spannung erwartete Auftritt von Andreas Bretschneider. Der Chemnitzer schaffte den „Cassina“ als erstes Flugelement souverän, beim anschließenden „Bretschneider“ konnte er die Stange nicht komplett fassen. Er rutschte ab und verpasste nicht nur das Gerät, sondern auch jegliche Chance auf den Finaleinzug (13,633 Pkt.). Nun musste Hambüchen Nerven bewahren und sein Ding durchziehen. Der Wetzlarer zeigte bei seinen vierten Olympischen Spielen seine ganze Klasse und zeigte eine hochwertige sowie zugleich sehr saubere Darbietung. Mit 15,532 Punkten lag er sogar vor dem „alten“ Rivalen Epke Zonderland (NED) auf Platz eins der Qualifikation.

Dann kam der Schreckmoment mit Andreas Toba. Bei seiner Doppel-Schraube während der ersten Akrobatik-Bahn verdrehte er sich bei der Landung das rechte Knie. Mit schmerzverzerrtem Gesicht blieb der 25-Jährige liegen und konnte nicht mehr weitermachen. Es war das vermeintliche Wettkampf-Aus für den Deutschen Mehrkampfmeister und ein herber Verlust für das Team des DTB. Eine erste Diagnose des Mannschaftsarztes Dr. Hans-Peter Boschert hieß "Kreuzbandriss". Seine Teamkollegen hielten sich unterdessen schadlos auf der Bodenfläche. Nguyen erturnte 14,500, Bretschneider 14,800 Punkte. Fabian Hambüchen erhielt mit 14,041 Zählern eine überraschend niedrige Wertung.

Am Pauschenpferd kamenFoto: picture alliance sowohl Dauser als auch Bretschneider und Nguyen sicher und ohne abzusteigen durch ihr Programm. Plötzlich stand auch der verletzte Andreas Toba wieder am Podium und ging stark humpelnd an das Gerät. Er turnte seine schwierige Übung sogar mit Abgang durch und sicherte wichtige 14,233 Punkte für das Team, was zugleich der Bestwert in der deutschen Riege war.

An den Ringen hatten die Deutschen anschließend keine Probleme und kamen sauber durch das Programm, Toba allerdings musste auf weitere Einsätze verzichten. Am Sprungtisch konnte dann Startturner Lukas Dauser nur mit Mühe und großem Schritt zurück einen Sturz vermeiden. Für Toba sprang Andreas Bretschneider perfekt in die Bresche, der zuvor in der Einturnhalle laut Andreas Hirsch „noch schnell zwei Sprünge“ absolviert hatte. Auch Nguyens „Roche“ konnte sich mit 14,600 Punkten sehen lassen. Wie auch der gute Yurchenko-Sprungvon Fabian Hambüchen, der 15,166 Punkte brachte und den die Zuschauer in der Rio Olympic Arena ganz besonders ins Herz geschlossen hatten.

Am starken Schlussgerät Barren standen die Deutschen ziemlich unter Druck: Andreas Bretschneider legte mit 14,833 Punkten gut vor. Lukas Dauser wollte seine Finalchance wahren, zeigte eine schwere Übung, hatte aber auch mit einem Wackler und Schritt beim Abgang zu kämpfen. Gute 15,266 Punkte bekam der Münchner, leider nicht genug für das Finale. Teamkollege Marcel Nguyen zeigte ebenfalls eine starke Leistung und lag mit 15,466 Punkten sogar noch besser. Leider reichte es nicht für den Endkampf, da er obwohl punktgleich mit dem Achtplatzierten, den schlechteren Ausführungswert im Vergleich hatte. 

Alle Ergebnisse der Männer-Quali (FIG)

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