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Sprossenwand - Magazin im DTB

Rainer Brechtken im Interview

24.02.2012 11:42

Der Deutsche Turner-Bund ist mit seinen Sportarten Gerätturnen, Rhythmische Sportgymnastik und Trampolinturnen im Programm der Olympischen Spiele vertreten und zählt in der Organisationstruktur des Deutschen Olympischen SportBundes (DOSB) zu den 34 Olympischen Spitzenverbänden. Historisch gewachsen aus der Entwicklung der Turnbewegung vereint der DTB jedoch unter seinem Dach auch mehr als zehn weitere Sportarten und Fachgebiete, die nicht zum olympischen Programm gehören. Zum Stellenwert dieser Sportarten im DTB bezieht DTB-Präsident Rainer Brechtken Stellung.

Frage: In der Vorschau auf die sportlichen Höhepunkte 2012 im DTB stehen auch verbandsintern die Olympischen Sportarten im Mittelpunkt. Spielen die anderen Sportarten im DTB keine Rolle?

R. Brechtken: Die Öffentliche Wahrnehmung des DTB im Wettkampf- und Spitzensport erfolgt in erster Linie eindeutig über die Wettkämpfe und Ergebnisse in den olympischen Sportarten. Daran orientieren sich auch die öffentliche Förderung sowie das Interesse von Sponsoren im Spitzensport. Vor diesem Hintergrund wäre die Gleichstellung und Gleichbehandlung aller Sportarten im DTB eine Verkennung der Realität, so dass wir klare Prioritäten setzen in die Förderung der olympischen Sportarten. Gleichwohl können wir stolz sein auf die Vielfalt an Sportarten und Fachgebieten im Turner-Bund, weil sich die Turnbewegung damit abhebt von der Ausrichtung auf eine einzige Sportart.

Frage: Ist Vielfalt nicht eher ein Problem in einem großen Verband?

R. Brechtken: Zunächst einmal muss man den Hut ziehen vor den vielen Personen, die sich in der Turnbewegung für ihre jeweilige Sportart einsetzen und für nationale und internationale Erfolge sorgen. Hier wird Leistungssport auf hohem Niveau betrieben und organisiert. Ich denke hier insbesondere an Faustball mit WM- und EM-Titeln und einem bewährten Liga-System. Ich denke an Rhönradturnen mit WM-Titeln 2011 in allen Disziplinen, an Orientierungslauf, Ringtennis, Rope Skipping oder Korfball. Alle haben mit unterschiedlichen Bedingungen zu tun: relativ geringe Mitgliederzahl, komplexes Wettkampfsystem, finanzielle Ausstattung. Allen gemeinsam ist jedoch die Begeisterung und Identifikation mit ihrer jeweiligen Sportart.

Frage: Wie wird die "Vielfalt" im DTB organisiert?

R. Brechtken: Für die öffentliche Wahrnehmung der Vielfalt bietet das Internationale Deutsche Turnfest als Großveranstaltung des DTB all seinen Sportarten eine außergewöhnliche Plattform, für einige Sportarten gilt zudem die Teilnahme an den World Games alle vier Jahre als gemeinsames sportliches Ziel. In Bezug auf ihre Betreuung und Entwicklung ist grundsätzlich jede Sportart eigenständig unter dem Dach des DTB organisiert. Im Faustball erproben wir derzeit sportartspezifisch ein besonderes Organisations-Modell.

Frage: Wie sieht das Organisations-Modell im Faustball aus?

R. Brechtken: Im Faustball haben wir ein seit Jahren bewährtes Liga-System, das sich aus dem DTB in die Trägerschaft der eigenständigen Deutschen Faustball-Liga (DFBL) entwickelt hat. Um die Zusammenarbeit in der Steuerung der Sportart zwischen dem Technischen Komitee (TK) als satzungsgemäßes Gremium des DTB und der Faustball-Liga zu optimieren, haben wir seit 2010 der Deutschen Faustball-Liga die Wahrnehmung der Aufgaben des Technischen Komitees übertragen. Somit erfolgt die Steuerung der Sportart von der Nachwuchsförderung bis zur Nationalmannschaft sowie im Breitensport als Aufgabe des DTB derzeit über die DFBL.

Frage: Faustball-Abteilungen müssen also Mitglied im DTB und in der Deutschen Faustball-Liga sein?

R. Brechtken: Nein, das ist nicht der Fall. Durch die Mitgliedermeldung und Mitgliedschaft im Landesturnverband und damit im DTB können Faustballvereine bzw. Faustballabteilungen an allen Maßnahmen des Turner-Bundes, die derzeit durch die DFBL organisiert werden, teilnehmen. Nur die Vereine, die erklärtermaßen am Liga-Betrieb teilnehmen wollen, müssen zusätzlich Mitglied der Deutschen Faustball-Liga e.V. werden.

Frage: Hat sich dieses Organisations-Modell bewährt?

R. Brechtken: Die Laufzeit des Modells haben wir zunächst auf vier Jahre befristet bis zum 31.12.2013. Rechtzeitig vor Ablauf der Vereinbarung wird die DFBL eine Auswertung vorlegen. Nach Diskussion dieser Auswertung werden wir die Frage abschließend beantworten können.