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Orientierungssport

Orientierungslauf-Weltmeisterschaften in Edinburgh

24.07.2024 10:27

Höhepunkt der internationalen OL-Saison und erste Qualifikationsmöglichkeit für die World Games 2025

Hanna Müller erzielte einen starken 28. Platz im Einzelsprint | Foto: IOF/Kristina Lindgren
Hanna Müller erzielte einen starken 28. Platz im Einzelsprint | Foto: IOF/Kristina Lindgren

Die Orientierungslauf-Weltmeisterschaften in Schottland waren in diesem Jahr der Höhepunkt der internationalen Orientierungslauf-Saison. In den Straßen von Edinburgh rund um das berühmte Edinburgh Castle wurden die Medaillen in den Sprintformaten ausgelaufen. Das deutsche Team reiste vollbesetzt mit acht Läufer*innen in die schottische Hauptstadt. Mit Platz 13 in der Sprintstaffel konnte das Team die beste Platzierung jemals in diesem Format erlaufen. In den Einzelformaten konnte nur Hanna Müller überzeugen.

Die erste Entscheidung der Woche war der Einzelsprint. Am Morgen fand eine Qualifikation im Hafenbezirk Leith statt, die es zunächst zu überstehen galt. Hanna Müller schaffte es recht knapp. Im Finale direkt unterhalb des Edinburgh Castles konnte sie in diesem technisch anspruchsvollen Sprint durch gute Routenwahlen und eine saubere Ausführung einen guten 28. Platz einfahren. Während über den gesamten Lauf betrachtet das Lauftempo zu niedrig war, um ein noch besseres Ergebnis zu erlaufen, konnte sie in einigen Abschnitten mit der absoluten Weltspitze mithalten und erzielte sogar eine Postenbestzeit. Eigentlich hatte sie, um ihre Promotion in diesem Jahr abzuschließen, gar nicht mit den Weltmeisterschaften geplant und war erst nachgereist, als Patricia Nieke krankheitsbedingt kurzfristig ausfiel. „Ich war sehr froh, dass sich alle anderen so gut vorbereitet hatten und mir alles gezeigt haben, sodass ich kurzfristig auch ganz gut vorbereitet war!“, bedankte Mülller sich anschließend beim Team. Die anderen deutschen Starter*innen schieden in der Qualifikation aus. Teils war es äußerst knapp, wie beispielsweise bei Anselm Reichenbach, dem nur drei Sekunden fehlten.
Die Goldmedaille bei den Damen ging an die nun 20-fache Weltmeisterin Tove Alexandersson aus Schweden. Auch bei den Herren triumphierte ein Schwede: Martin Regborn lief zu seinem ersten Weltmeistertitel in einem Einzelformat.

Nach dem guten Lauf im Einzelsprint war Müller auch zwei Tage später in der Sprintstaffel gesetzt. Erneut zeigte sie eine starke Leistung. In dem schnellen und trotzdem technisch anspruchsvollen Rennen am Heriot-Watt-Campus der Universität Edinburgh lief sie die Startstrecke. Durch eine gute Routenwahl zu Beginn konnte sie sich sogar kurzzeitig vorn an die Tram setzen, bevor andere übernahmen. Sie übergab mit 45 Sekunden Rückstand auf Felix Späth. Der in Schweden lebende Siegerländer ist als starker Staffelläufer bekannt und stellte das ein weiteres Mal eindrucksvoll unter Beweis. „Ich wollte auf jeden Fall den Anschluss nicht verlieren, also bin ich losgegast und ins Risiko gegangen!“, berichtete Späth. Das Risiko zahlte sich aus, er verlor lediglich 30 Sekunden auf die Abschnittsbestzeit und konnte das Team in der Verfolgertram halten. Der junge Anselm Reichenbach auf Strecke drei hatte so eine hervorragende Ausgangsposition. Gleich zu Beginn stürzte er jedoch, sodass seine Karte kaputt ging. In der Folge musste der letztjährige Juniorenweltmeister sich an die Konkurrenten halten, denn auf der zerstörten Karte war in Abschnitten nichts mehr zu erkennen – glücklicherweise hatte er dieselben Gabelposten wie seine Gegner und er konnte den Rückstand in Grenzen halten. Die Schlussstrecke gehörte wieder den Damen. Mit gut zwei Minuten Rückstand startete Birte Friedrichs am Ende der zweiten Verfolgergruppe. Lange konnte sie diese Position halten, bevor sie im letzten Renndrittel die läuferisch stärkeren Konkurrentinnen enteilen lassen musste. An den letzten Posten konnte sie noch einmal mit ihrer technischen Klasse glänzen. In dem anspruchsvollen Abschnitt kurz vorm Ziel überholte sie unterstützt von lautstarkem Jubel des Teams noch knapp die italienische Konkurrenz.
Um die Goldmedaille duellierten sich über weite Teile des Rennens die favorisierten Teams aus Schweden und der Schweiz. Nach einem herausragenden Lauf von Tuomas Heikkila auf der dritten Teilstrecke konnte sich auch Finnland Hoffnung auf Gold machen. Die Schweizerin Simona Aebersold schaffte es auf der letzten Teilstrecke, die schwedische Konkurrentin Alexandersson derart unter Druck zu setzen, dass diese einen Posten ausließ. Das schwedische Team wurde disqualifiziert. Weil die Finnin Venla Harju läuferisch nicht mit Aebersold mithalten konnte, sicherte diese Gold für die Schweiz. Von dem Fehlstempel der Schwedin wie auch einem von Dänemark profitierte das deutsche Team: Sie rückten bis auf Platz 13 vor.

Mit dem KnockOut-Sprint am Fuße des Edinburgher Hausbergs King Arthur’s Seat fanden die Titelkämpfe ihren Abschluss. Für die deutschen Starterinnen war erneut in der Qualifikation Schluss, die im KnockOut-Sprint noch schwerer ist als im Einzelsprint. Wieder war Hanna Müller am dichtesten an einer Qualifikation: Sechs Sekunden fehlten ihr auf den 12. Platz ihres Vorlaufs, der zu einer Viertelfinalteilnahme berechtigt hätte. „Ich [muss] physisch noch einen Schritt nach vorne machen, um keinen nahezu perfekten Lauf in der Quali zu brauchen“, konstatierte sie nach dem Lauf. Selbiges gilt für ihre Teamkolleg*innen. Bei den Damen konnte sich erneut Tove Alexandersson (SWE) durchsetzen. Über alle drei Finalrunden überzeugte sie und gewann schließlich mit einem im KO-Sprint überlegenen Vorsprung von fünf Sekunden vor ihrer Teamkollegin Karolin Ohlson. Die Herrenkonkurrenz gewann der Schweizer Riccardo Rancan. Im Schlussspurt setzte er sich mit einem gut vorbereiteten Angriff gegen Jorgen Baklid (NOR) und Jonathan Gustafsson (SWE) durch.

Die Weltmeisterschaften in diesem Jahr dienten gleichzeitig als erster Qualifikationslauf für die World Games im Jahr 2025. Die Qualifikation bei dieser ersten Startplatzvergabe verpasste das Team. Bei den Europameisterschaften in Ungarn Mitte August bietet sich noch eine Chance.