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Turn-Team Deutschland

Jede Deutsche Meisterschaft schreibt ihre eigene Geschichte

01.03.2024 14:00

Im Interview mit der deutschen Rekordmeisterin Elisabeth Seitz

Elisabeth Seitz an ihrem Paradegerät dem Stufenbarren | Bildquelle: Tom Weller
Elisabeth Seitz an ihrem Paradegerät dem Stufenbarren | Bildquelle: Tom Weller

Im Interview spricht die deutsche Rekordmeisterin Elisabeth Seitz über den Heilungsverlauf ihres Achillessehnenrisses, ihre Chancen, sich für die Olympischen Spiele in Paris zu qualifizieren und die Bedeutung der kommenden Deutschen Meisterschaften im Juni in Frankfurt. 

Eli, deine Verletzung an der Achillessehne ist mittlerweile fast ein halbes Jahr her. Wie geht es dir aktuell?

Mir geht es tatsächlich sehr gut, vor allem weil der Heilungsverlauf wie angekündigt verläuft. Es war klar, dass die Heilung lange dauert, aber jeder Zwischenschritt ist bisher genauso eingetreten, wie er erwartet wurde. 

Es geht also in die richtige Richtung, dennoch war die Verletzung sicher ein Schock für dich. Wie erging und ergeht es dir mental damit?

Als ich mich verletzt habe, habe ich gedacht, dass jetzt die schlimmste Zeit überhaupt auf mich zukommt und dass ich mental in ein Loch falle. Dem war aber nicht so. Ich wurde von meiner Familie, von Freunden, hier am Olympiastützpunkt und in der Halle super aufgefangen. Ich wurde in alles involviert und hatte direkt einen Tagesablauf. So bin ich trotz dieser schweren Verletzung in kein Loch gefallen. Und auch jetzt komme ich sehr gut damit klar. Die Verletzung war definitiv nicht cool, aber ist jetzt ein Teil meiner Geschichte und die ist ja noch nicht vorbei. Deswegen gibt es auch keinen Grund, den Kopf hängen zu lassen. 

Wie sieht denn dann aktuell dein Tagesablauf aus? 

Ich bin den ganzen Tag schon wieder beschäftigt. Morgens geht es in die Turnhalle für ein kleines Krafttraining, dann kommt eine Barreneinheit und ich dehne mich aus. Nach der Mittagspause trainiere ich meist noch einmal am Barren und gehe in den Kraftraum. Zum Schluss habe ich noch Physiotherapie und dann ist der Tag auch schon vorbei.

Wie sieht dein Ziel für die kommenden Wochen aus? Worauf arbeitest du hin? 

Ich möchte in den nächsten Wochen kontinuierlich weiter an meine Übungen herankommen – vor allem am Barren. Zudem möchte ich allgemein fitter werden, sodass ich bestenfalls nicht genau auf den Punkt fit bin, sondern vielleicht schon ein paar Tage früher. Mein Stichtag ist im Juni, wenn die Qualifikationswettkämpfe für die Olympischen Spiele in Paris stattfinden. Ich würde mich aber sehr darüber freuen, wenn ich vorher schon etwas turnen könnte, wie zum Beispiel in der Bundesliga. 

Du hast bisher nur vom Barren gesprochen. Wie sieht es mit den anderen Geräten aus?

Ich konzentriere mich hauptsächlich auf den Barren, weil an diesem Gerät meine Chancen am besten sind, mich für Olympia zu qualifizieren. Am Barren bin ich international konkurrenzfähig, ich habe EM- und WM-Medaillen an diesem Gerät gewonnen und war in drei Olympia-Finals. Ich weiß, wenn ich mich darauf konzentriere, ist alles möglich. Die anderen Geräte sind Sprunggeräte und stellen ein höheres Risiko für meinen Fuß dar. Deswegen werde da ich nichts übers Knie brechen.

Wann wird sich entscheiden, ob du rechtzeitig fit wirst? 

Das kann man zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Letztendlich entscheide das aber nicht ich, sondern meine Gesundheit, die steht einfach an erster Stelle. Ich lasse regelmäßig alles von der medizinischen Abteilung kontrollieren, sei es von meinem Operateur oder hier in Stuttgart von den Ärzten. In physiotherapeutischer Behandlung bin ich sowieso permanent. Ich mache nichts ohne Absprache, weil ich einfach auf Nummer sicher gehen und keinesfalls Rückschritte machen will. 

Es gibt noch einen einzigen Qualifikationsplatz für die Olympischen Spiele. Wenn du rechtzeitig zu den beiden Qualifikationswettkämpfen im Juni in Frankfurt und Rüsselsheim fit werden solltest: Wie schwer wird es für dich, diesen zu bekommen?

Das wird für mich genauso hart wie für alle anderen. Es steht alles offen. Ich versuche, mich nur auf mich selbst zu konzentrieren, auf mich zu vertrauen und mich nicht verrückt zu machen. Mir ist nur wichtig, sagen zu können, dass ich alles gegeben habe und mir nichts vorwerfen kann. 

Glaubst du daran, dass du dir den Qualifikationsplatz erkämpfen kannst?

Wenn mein Glaube daran, mich für Olympia zu qualifizieren, nicht so groß wäre, würde ich mich nicht jeden Tag in die Halle stellen. Das ist mein Anker. Ich weiß, wie toll Olympia und was es für ein großes Erlebnis ist - daran halte ich fest. Es ist alles möglich und dafür gebe ich alles. 

Welchen Stellenwert hat dann der erste Qualifikationswettkampf, die Deutschen Meisterschaften im Juni in Frankfurt, für dich?

Einen sehr großen. Zum einen geht es bei den Deutschen Meisterschaften im Kampf um den Qualifikationsplatz um alles - sie sind mein Startschuss. Zum anderen darf ich mich Rekordmeisterin nennen, worauf ich unfassbar stolz bin. Denn auch wenn ich schon 25 Deutsche Meistertitel gewonnen habe, kann ich zu jedem eine eigene Geschichte erzählen. Jede Meisterschaft hat etwas ganz Besonderes mit sich gebracht und ich bin mir sicher, dass diese Deutsche Meisterschaft, egal ob es Gold, eine andere Medaille oder keine wird - sie wird ihre eigene Geschichte schreiben.

Hast du denn schon einen Plan, wie du den ersten Qualifikationswettkampf, die Deutschen Meisterschaften im Rahmen der Finals, angehen wird? 

Bei den Deutschen Meisterschaften im Juni geht es um alles. Da ist mein Stichtag und der zweite Qualifikationswettkampf in Rüsselsheim ist meine letzte Chance. Bis dahin muss und will ich fit sein. Inhaltlich habe ich natürlich einen Plan im Kopf, aber erst einmal heißt es Step by Step. Ich habe mir bereits Gedanken zu meinen Übungen gemacht, ob aber alles so klappen wird, weiß ich noch nicht.

Was wäre, wenn dir die Olympia-Qualifikation nicht gelingt?

Ich weiß, dass diese Möglichkeit bestehen könnte. Dieses Szenario lasse ich in meinem Kopf aber gar nicht erst zu. Das würde nur Kräfte kosten, die ich fürs Training, fürs Besserwerden und fürs Gesundwerden brauche. Deswegen versuche ich, solche Gedanken ganz schnell wieder zur Seite zu schieben. 

Die Qualifikation für Paris 2024 wäre deine vierte Olympia-Teilnahme. Kann man sagen, dass Paris 2024 dein letzter großer Traum ist? 

Das würde ich so nicht sagen. Mir war und ist es am wichtigsten, dass ich es selbst entscheide, wann ich einmal nicht mehr turnen oder zurücktreten werde. Deswegen war nach der Verletzung auch klar, dass dies nicht mein Karriereende sein wird. Ich hätte es nicht selbst bestimmt. Deswegen kann ich nicht sagen, ob Olympia mein letzter großer Traum ist. Was ich sagen kann ist, dass Los Angeles 2028 nicht mehr auf meiner Agenda steht. Ich möchte einen tollen Abschluss haben, wann und wie der sein wird, werde ich selbst entscheiden. 

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