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Sprossenwand - Magazin im DTB

Generalprobe für den großen Auftritt

30.03.2016 09:46

Beim Turnier der Meister testen nicht nur die deutschen Starter für den olympischen Sommer.

Cottbus ist anders. Nicht nur, weil das Turnier der Meister schon eine lange Tradition hat und in diesem Jahr bereits seine 40. Auflage erlebt. Die heutzutage zur Challenge-Cup-Serie des Weltturnverbandes FIG zählende Veranstaltung genießt innerhalb der internationalen Turnszene einen ganz besonderen Ruf. Athletinnen und Athleten vom ganzen Kontinent schätzen das familiäre Flair, und die Fans sind wohl nirgendwo so nah an den Turnstars dran wie in der Lausitz-Arena. Kein Wunder, dass es unter Sportlern wie Zuschauern zahlreiche Dauergäste gibt. Die frühere deutsche Nationalturnerin und mehrmalige Weltmeisterin Oksana Chusovitina etwa, trotz ihrer mittlerweile 40 Jahre sprungstark wie eh und je, verbuchte ihren ersten Sieg  in Cottbus bereits 1996, damals am Boden. Die mittlerweile wieder für ihr Heimatland startende Usbekin zählt auch in diesem Jahr wieder zum Starterfeld, das aus knapp 140 Athleten aus 34 Nationen besteht.

Dabei stellen die Gastgeber das größte Kontingent. Kurz vor dem olympischen Testevent vom 16. bis 24. April in Rio de Janeiro schickt der Deutsche Turner-Bund (DTB) bei seinem zweiten Topevent nach dem Weltcup in Stuttgart einen Großteil der Athletinnen und Athleten ins Rennen, die zwei Wochen später am Austragungsort der Spiele die begehrten Tickets für das Großereignis lösen sollen. So steht in der Männer-Riege, zu der der Cottbuser Lokalmatador Christopher Jursch zählt, auch der Unterhachinger  Marcel Nguyen, der bei den Spielen vor vier Jahren in London mit zwei Silbermedaillen, im Mehrkampf und am Barren, überraschte. Einen seiner größten Konkurrenten an den beiden Holmen findet der zweimalige Europameiser an diesem Gerät mittlerweile in der eigenen Riege: Der 22-jährige Lukas Dauser entschied im vergangenen Jahr den Challenge Cup in Sao Paulo für sich. Aber auch der Schweizer Christian Baumann, EM-Zweiter im vergangenen Jahr, hat viel mehr aufzuweisen als nur einen guten Griff. An einem allerdings führt am Barren kaum ein Weg vorbei: Der Ukrainer Oleg Verniaiev triumphierte zuletzt schon bei den Weltmeisterschaften im Oktober im schottischen Glasgow, und auch an den anderen Geräten ist mit dem scheinbar nimmermüden Allrounder aus Kiew zu rechnen.

Am Reck hofft der Chemnitzer Andreas Bretschneider, wie vor zwei Jahren ganz oben auf dem Podest zu landen. Der WM-Fünfte ist schwer schlagbar, sollte er seine fulminante Übung durchturnen. Schließlich ist er der einzige Gerätekünstler auf der Welt, der ein sogenanntes H-Teil beherrscht. Der Kovacs-Salto mit doppelter Schraube trägt mittlerweile auch in den internationalen Wertungsvorschriften den Namen "Bretschneider" und ist allein acht Zehntelpunkte wert. In Abwesenheit des Olympiazweiten an diesem Königsgerät der Männer, Fabian Hambüchen, könnte auch hier Teamkollege Marcel Nguyen vorne mitreden, da er seine Übung zuletzt deutlich aufstockte. 

Darüber hinaus darf man gespannt sein, was der eine oder andere Starter aus dem internationalen Feld vier Monate vor Beginn der Olympischen Spiele in Rio noch auspackt. So will der Brasilianer Diego Hypolito an seine Erfolge am  Boden anknüpfen, wo er 2007 Weltmeister wurde. Dabei bekommt er es unter anderem mit dem EM-Dritten Pablo Braegger aus der Schweiz zu tun, der im Vorjahr bereits einen Sieg am Reck einheimste. Der Brite Louis Smith gehört zu denen, die sich auf dem von vielen anderen Sportkameraden ungeliebten Pauschenpferd wohlfühlen, und sicherte sich dort neben bislang schon zwei olympischen Medaillen im vergangenen Jahr erstmals den Titel des Europameisters. Der Stuttgarter Sebastian Krimmer hofft, nach vielen Verletzungsproblemen im vergangenen Jahr seine Übung mal wieder störungsfrei durchziehen zu können. 

An den Ringen, dem Revier der ganz starken Männer, ist der Belgier Dennis Goossens auf jeden Fall Beachtung wert, und am Sprung, wo ebenfalls Verniaiev als großer Favorit gilt, wird der Schweizer Benjamin Gischard versuchen, dem 22-Jährigen Paroli zu bieten.   

Bei den Frauen treten die deutschen Turnerinnen vor allem am Stufenbarren und am Schwebebalken mit besten Chancen vor die Kampfgerichte. So ist die in Chemnitz trainierende Saarländerin Pauline Schäfer bislang die einzige Athletin des DTB, die ihren Startplatz bei den Spielen in Rio bereits sicher hat. Denn bei den Weltmeisterschaften in Glasgow gewann die 19-Jährige am Balken eine Bronzemedaille und löste damit das Ticket. Entsprechend ist auch in Cottbus mit der jungen Dame zu rechnen, die wie Andreas Bretschneider zu den Erfindern in der Turnwelt zählt. Denn nach Schäfer ist ein Seitwärtssalto mit halber Schraube auf dem nur zehn Zentimeter schmalen Grat benannt - ein famoser Hingucker. Die Konkurrenz ist allerdings keinesfalls zu unterschätzen, allen voran die Niederländerin Sanne Wevers, die in Glasgow sogar noch einen Platz weiter oben auf dem Podest stand als die Deutsche und Silber gewann.

Am Stufenbarren  sicherte sich Sophie Scheder schon vor zwei Jahren den Sieg in Cottbus, und die Chancen stehen gut, dass die WM-Finalistin dies wiederholen kann. Da  Wevers laut Meldeergebnis nicht plant, ihre Riemchen umzuschnallen, dürfte die Polin Marta Pihan-Kulesza  zu den stärkten Konkurrentinnen der gebürtigen Wolfsburgerin und Silbermedaillengewinnerin der Europaspiele im vergangenen Jahr in Baku zählen.

In der aserbaidschanischen Hauptstadt hatte beim ersten Challenge Cup des Jahres im Februar Oksana Chusovitina triumphiert und gehört auch diesmal wieder zu den heißen Kandidatinnen für ganz oben. Doch auch die Niederländerin Noel van  Klaveren hat zwei schwere Durchgänge im Programm, mit denen sie sich bei den Europameisterschaften 2013 in Moskau schon einmal zu Bronze katapultierte. Am Boden könnte derweil erneut Marta Pihan-Kulesza wie schon im vergangenen Jahr auf den Platz an der Sonne tanzen. Die 28 Jahre alte ausdrucksstarke Athletin gehört im Übrigen auch zu denjenigen, denen es in der Lausitz besonders gut gefällt und die deshalb gerne wiederkommen.

Zeitplan (Änderungen vorbehalten)
31. März 2016
14.30 - 16.25 Warm-Up
16.30 - ca. 20.00 Uhr Qualifikation an fünf Geräten

01. April 2016
14.30 - 16.25 Warm-Up
16.30 - ca. 20.00 Uhr Qualifikation an fünf Geräten
02. April 2016
12.30 - 13.55 Uhr Warm-Up
14.00 - 17.00 Uhr Finale I
Männer: Boden, Pauschenpferd, Ringe
Frauen: Sprung, Stufenbarren

03. April 2016
12.30 - 13.55 Uhr Warm-Up
14.00 - 17.00 Uhr Finale II
Männer: Sprung, Barren, Reck
Frauen: Schwebebalken, Boden

 

Aufstellung der DTB-Athleten

SPORTDEUTSCHLAND.TV übertragt das Finale des Turnier der Meister®