Jetzt lesen:
Sprossenwand - Magazin im DTB

Turn-Team Deutschland

Fazit zu den Olympischen Spielen in Paris

15.08.2024 10:06

DTB-Präsident Dr. Alfons Hölzl zieht positive Bilanz und fordert Anpassungen im deutschen Sportsystem und der Sportförderung

DTB-Präsident Dr. Alfons Hölzl und FIG-Präsident Morinari Watanabe beim DTB-Empfang im Deutschen Haus in Paris | Foto: DTB/Tom Weller
DTB-Präsident Dr. Alfons Hölzl und FIG-Präsident Morinari Watanabe beim DTB-Empfang im Deutschen Haus in Paris | Foto: DTB/Tom Weller

Die Olympischen Spiele in Paris haben uns nicht nur großartige sportliche Leistungen präsentiert, sondern auch den Sport mitten in eine ohnehin schon faszinierende Stadt integriert. Das trug zu dem einmaligen, besonderen Flair der Spiele bei, die durch diese hervorragende Organisation auch nachhaltiger als sonst waren, da nur wenige Bauten neu errichtet werden mussten. Die Stimmung war ausnahmslos positiv und die Spiele in Frankreich eine gelebte Völkerverständigung in turbulenten Zeiten. An dieser Stelle möchte ich mich bei der Stadt Paris, dem Organisationskomitee und dem IOC für die sehr gute Organisation und die Gastfreundschaft bedanken.

Paris hat gezeigt, dass Olympische Spiele nach wie vor hochmodern sind, von Menschen getragen werden und eine Zukunft haben. Sie können ein ganzes Land in der Weltöffentlichkeit in einem besonderen Licht präsentieren. Mögen Olympische Spiele in der Vorbereitung eine Gesellschaft vor große Herausforderungen stellen, führen sie eben auch wie kein anderes Ereignis zu positiven Veränderungen. Die Stärkung eines gesunden Zusammengehörigkeitsgefühls einer Nation ist hierbei nur ein Beispiel. Sie können einerseits Grundlage für sportliche Erfolge in einem Land sein und diese nachhaltig stärken, andererseits den Sport in all seinen Facetten in einer Gesellschaft verankern. Olympische Spiele in Deutschland wären deshalb ein großartiges Ereignis auch für unser Land. Dafür benötigen wir ein klares Bekenntnis zum Sport als ein ganz zentrales Element in unserer Gesellschaft – verbunden mit der Bereitschaft, Deutschland zu einem „Sportland“ zu machen.

Bei diesen einzigartigen Wettkämpfen ist es besonders erfreulich, dass der DTB in all seinen olympischen Sportarten vertreten war – Gerätturnen weiblich, Gerätturnen männlich, Rhythmische Sportgymnastik und Trampolinturnen. Daher möchte ich vor allem unseren Athletinnen und Athleten herzlich zu ihren hervorragenden Leistungen gratulieren. Ihnen und ihren Trainerinnen und Trainern sowie der medizinischen Abteilung danke ich für ihren vorbildhaften Einsatz und ihre unermüdliche Arbeit, die sie nicht nur während der Olympischen Spiele leisten, sondern während des gesamten Zyklus. Es sei mir erlaubt, an dieser Stelle die Finalteilnahmen besonders hervorzuheben:

Mit einer historischen Darbietung schrieb Darja Varfolomeev Turngeschichte und gewann mit ihren souveränen Auftritten olympisches Gold in der Rhythmischen Sportgymnastik. Die erste Goldmedaille, die Deutschland in der Rhythmischen Sportgymnastik je gewinnen konnte. Auch Margarita Kolosov zeigte sehr starke Leistungen. Erst ganz am Ende des Finales stand fest, dass sie den vierten und nicht den dritten Platz im Mehrkampf erreicht hat.

Im Gerätturnen der Frauen zogen Sarah Voss und Helen Kevric in das Mehrkampffinale ein. Helen Kevric errang im Mehrkampf der Frauen einen sehr beachtlichen achten Platz und im Stufenbarrenfinale wurde sie als jüngste Starterin sogar Sechste und schlug, wie sie selbst zurecht stolz verkünden konnte, die herausragende US-Amerikanerin Simone Biles.

Nils Dunkel erreichte das Mehrkampffinale im Turnen der Männer und Lukas Dauser konnte trotz seiner vorangegangenen schweren Schulterverletzung den siebten Platz im Barrenfinale erturnen. Mit seinem nun bevorstehenden Karriereende verabschiedet sich nicht nur ein herausragender Sportler von der internationalen Bühne, sondern eine ganz große Persönlichkeit. Ich gratuliere Lukas zu seiner überaus erfolgreichen Karriere und wünsche ihm von Herzen alles Gute. Natürlich hoffe ich, dass er der Turnfamilie in irgendeiner Form erhalten bleiben wird.

Sehr herzlich bedanken möchte ich mich auch bei den Landesturnverbänden, für deren unentwegte Arbeit im Bereich des Nachwuchsleistungssports und ihr großartiges Engagement, welches oftmals über den Nachwuchsleistungssport hinausgeht und damit zum Gesamterfolg maßgeblich beiträgt.

Herzlich gratuliere ich auch einer ehemaligen Turnerin: Kim Bui ist mit einem hervorragenden Ergebnis von den Athletinnen und Athleten während der Olympischen Spiele als eine ihrer Vertreter*innen in das IOC gewählt worden. Ich freue mich, dass es offensichtlich gelungen ist, bei den nationalen Verbänden im Turnsport auf Kim Buis Kandidatur erfolgreich aufmerksam zu machen.

Ich möchte es nicht versäumen, mich an dieser Stelle auch bei der FIG mit unserem Präsidenten Morinari Watanabe und Generalsekretär Nicolas Buompane für die hervorragend durchgeführten Wettkämpfe im Gerätturnen, Trampolinturnen und der Rhythmischen Sportgymnastik herzlich zu bedanken. Gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund und seinem Präsidenten Thomas Weikert konnten wir, der DTB, die "internationale Turnsportfamilie" im Deutschen Haus empfangen. Die Teilnahme zahlreicher Vertreter und Vertreterinnen der FIG, angeführt durch den Präsidenten Morinari Watanabe, gefolgt von vielen nationalen Verbandsvertretern, gab uns die Möglichkeit zum Internationalen Deutschen Turnfest 2025 nach Leipzig einzuladen. Es war jedoch auch die Möglichkeit, den deutlich erkennbaren Ausweitungsbedarf der Turnsportarten im olympischen Programm anzusprechen und uns darüber auszutauschen. Nach den Spielen ist bekanntlich vor den Spielen:

Insgesamt – nicht nur den Turnsport betreffend – benötigen wir nun eine ehrliche sportart- und disziplinspezifische Analyse der Leistungen und Ergebnisse unserer deutschen Athletinnen und Athleten und die Bereitschaft, auf deren Basis sportartspezifisch weitreichende Anpassungen in unserem Sport-/Stützpunktsystem und der Sportförderung vorzunehmen.

Dr. Alfons Hölzl