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Sprossenwand - Magazin im DTB

DTB-Präsident würdigt DOSB-Jubiläum

15.05.2016 16:00

Am Freitag, den 20. Mai 2016 feiert der Deutsche Olympische Sportbund sein zehnjähriges Jubiläum nach der Fusion von NOK und DSB im Jahr 2006. DTB-Präsident Rainer Brechtken war seinerzeit durch seine Mitarbeit in der Strukturkommission von NOK und DOSB sowie in der Satzungskommission maßgeblich eingebunden in die Diskussion zur Fusion der Dachverbände des Sports. In einem ausführlichen Statement zum DOSB-Jubiläum würdigt er die Fusion vor 10 Jahren und zeigt aktuelle Herausforderungen für den organisierten Sport aus seiner Sicht auf.

Statement Rainer Brechtken:

In diesen Tagen jährt sich zum zehnten Mal die Fusion des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland (NOK) mit dem Deutschen Sportbund (DSB) zum Deutschen Olympischen SportBund (DOSB). Dieses kleine Jubiläum ist ein guter Anlass für eine Zwischenbilanz. Wie bei solchen Anlässen üblich wird sicher kontrovers diskutiert über Gelingen oder Scheitern der Fusion. Ich habe vor 10 Jahren mitgearbeitet in der Strukturkommission von DSB und NOK und der anschließenden Satzungskommission. Aus meiner heutigen Sicht und Kenntnis der Diskussionen von damals steht für mich fest, dass die Fusion der beiden Verbände damals richtig war und sich bis heute bewährt hat.

Entscheidender Aspekt war und ist für mich dabei die Aufhebung der Doppelstrukturen in der Förderung des Spitzensports, hier damals der DSB mit seinem Bundesausschuss Leistungssport (BAL), dort das NOK mit der Zuständigkeit für die Olympia-Mannschaft. Der Ansprechpartner aus einer Hand im DOSB hat sich meines Erachtens bestens bewährt.

Dass der DOSB durch seine aktuelle Strukturänderung mit einem hauptamtlichen Vorstand und einem ehrenamtlichen Präsidium inzwischen noch einen Schritt weiter gegangen ist in seinem Bemühen um Anpassung an eine zeitgemäße Arbeitsweise in einem Dachverband, bestärkt meine positive Bilanz zur Fusion von damals. Auch in den Spitzenverbänden müssen wir uns fragen, ob eine überwiegend ehrenamtliche Führung eines Verbandes noch den zunehmend professionellen Anforderungen genügt. In manchen Bereichen unserer Verbände, insbesondere der fachlichen Betreuung, ist weiterhin das Ehrenamt mit seinem fachlichen Hintergrund und seiner Erfahrung gefragt, in vielen anderen aber ist hauptamtliche Professionalität und Entscheidungsbefugnis gefordert.

Natürlich sind mit der Fusion auch nach 10 Jahren noch nicht alle Probleme in der Arbeitsweise des organisierten Sports gelöst. Mir wird dabei im Sport allerdings zu sehr – häufig pauschal und ungerecht – über Personen diskutiert, statt über Strukturen.

So schieben wir seit Jahren die Diskussion über eine klare Aufgabenteilung des dualen Systems der Sportorganisationen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene vor uns her. Welche Aufgaben übernehmen die Fachverbände, welche die Landessportbünde bzw. der DOSB? Die Annahme, dass die Fachverbände für den Wettkampf- und Leistungssport und die Landessportbünde respektive DOSB für den Breitensport zuständig sind, ist absolut irrig. Breitensport im Verein hat seine Wurzeln in den Fachsportarten und die fachliche Kompetenz für Sportarten ist in den jeweiligen Fachverbänden zu finden. Landessportbünde und DOSB haben in Bezug auf die Turn- und Sportvereine überwiegend nicht-fachliche Ausgaben zu erledigen. Eine Diskussion über eine solche Aufgabenteilung und deren Schlussfolgerungen für eine Optimierung unserer Dienstleistungen scheint im deutschen Sport offenbar tabu. Stattdessen leisten wir uns vielfach Doppelstrukturen in unseren Dienstleistungen und ihrer Kommunikation.

Natürlich wird es möglich sein müssen, dass der DOSB nationale und die LSB landesweite Kampagnen fahren zu Themen der Vereinsentwicklung (Zielgruppen Kinder, Ältere, Frauen etc.). Warum aber müssen dann dort zusätzliche personelle Strukturen geschaffen und finanziert werden, wenn die entsprechende fachliche Kompetenz bereits in Fachverbänden
vorhanden ist. Aufgabe der Dachverbände DOSB und LSB wäre hier die Bündelung dieser vorhandenen Ressourcen. Hier könnte man zu einem Thema auch mit mehreren Fachverbänden gemeinsam arbeiten. Über diese Form der Arbeitsweise und Aufgabenteilung wird jedoch bisher nicht ansatzweise diskutiert. Hier setze ich große Hoffnung, dass dieses Thema bei dem gerade angelaufenen Projekt „Anstoß 2016“ zur Aufgaben- und Effizienzanalyse eine Rolle spielen wird.

Eine weitere ungelöste Frage ist die Verbindlichkeit von Beschlüssen und Vereinbarungen durch die DOSB-Mitgliedsorganisationen. Nur ein Beispiel dazu: Da beschließen wir nach langen Diskussionen im DOSB in der Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit ein bundesweit einheitliches und solidarisches Modell zur Mitgliederbestandserhebung. In der Umsetzung vor Ort müssen wir dann feststellen, dass sich einige Landessportbünde strikt weigern, diesen gemeinsam getragenen Beschluss in ihrem Verbandsbereich in der Praxis anzuwenden. Im Gegenteil: Ihr System der Mitgliederbestanderhebung widerspricht sogar den Grundprinzipien des Beschlusses. Ich setze darauf, dass es uns gemeinsam im DOSB gelingt, hier kurzfristig zu Lösungen zu kommen, damit endlich Schluss ist mit unseren Binnenkonkurrenzen im Sportsystem durch die Mitgliedermeldung und Beitragserhebung. Angesichts unserer anstehenden Herausforderungen in Konkurrenz mit kommerziellen Anbietern sowie der gewaltigen Aufgabe bei der Gestaltung der Entwicklung von Ganztagsschulen und Sport haben wir wichtige Dinge in den Blick zu nehmen. Binnenkonkurrenz im eigenen Sportsystem können wir daher absolut nicht gebrauchen.

Dies sind nur zwei Beispiele zur dringenden Diskussion von strukturellen statt personellen Diskussionen zur Arbeitsweise der Sportorganisationen. Ein weiteres ist die notwendige Optimierung in der Verzahnung zwischen Land und Bund bei der Nachwuchs-Leistungssportförderung. Darauf verweise ich seit längerer Zeit. Dies wird sicher Gegenstand sein in der aktuellen Diskussion mit der Politik zur Neuausrichtung der Spitzensportförderung in Deutschland, bei der wir deutlich machen können, dass der Sport die fachliche Kompetenz und Erfahrung besitzt für die Steuerung und Gestaltung des Spitzensports.
Nur gut, dass sich der Sport bei dieser Diskussion als Einheit präsentieren kann. Man stelle sich vor, wie die Debatten verlaufen würden, wenn wir noch die Doppelstrukturen von NOK und DSB hätten. Insofern war die Fusion seinerzeit der richtige Schritt.